Was für eine Wucht von Eindrücken, was für eine Sehnsuchtsregion, was für ein wunderschönes Gesamtpaket aus Mensch, Region und Wein.
Meine erste Reise in den Aveyron, eine dieser Weinreisen, die ich nicht vergessen werde. “Adventures on the Wine Road” hat Kermit sein unfassbar gutes Buch genannt. Und was für ein Abenteuer, was für ein Spaß dieser Trip auf der Weinstrasse doch war!
Dabei kam alles völlig spontan, völlig unerwartet. Eine alte Freundin rief plötzlich an. Die Art von Freundin die man seit 25 Jahren kennt, deren Kinder man als Babys auf dem Arm und in 25 Jahren vielleicht 3 Mal am Telefon hatte. Für die ein Telefonat lediglich dem Austausch elementarer Informationen dient. Für die Plauderei, Gequassel an einen Tisch gehören, an einen reichlich gedeckten Tisch bevorzugterweise. Die am Telefon so muffelig und kurz angebunden sein kann, dass es fast schmerzt:
“Hagen, Aveyron, Fer Servadou, Chenin Blanc, Cabernet, she worked with me and Nicolas Carmarans and I like her a lot, could you be interested?”
Me: Aveyron, why not, I love Nicolas, tell me more please
“Pauline Broqua, I ll send you her number, you have to call her. Don’t wait too long. Have a nice day and see you soon, ciaoooo”.
-
Pauline Broqua – Marin d′eau douce – 201916,50€ inkl. MwST.
-
Pauline Broqua – Chauffe Marcel – 201916,50€ inkl. MwST.
-
Pauline Broqua – Les Brumes – 201917,50€ inkl. MwST.
9 Stunden hin. 9 Stunden zurück
Leicht verwirrt legte ich das Telefon zur Seite, fragte mich noch kurz wie es denn ihren Kindern geht, ihren Eltern, ganz generell und überhaupt, bevor ich die Fassung wieder erlangte und anfing zu recherchieren. Facebook. Instagram. Google. Was man halt so macht. Wenige Tage danach sass ich im VW Bus und rollte Richtung Süden. In den Aveyron. Hell Yeah! 9 Stunden Fahrzeit laut Navi. Also 9 Stunden hin. 9 Stunden zurück. Ich konnte nicht anders – ich musste Pauline, dieses Weingut und endlich den Aveyron kennenlernen!
Etwas überrascht verliess ich dann “schon” nach 7.5 Stunden die Autobahn und staunte über die langsam immer enger, immer kleiner werdenden Routes Nationales. Ich fuhr durch tiefe Wälder, teilweise auf einspurigen Straßen, an Seen entlang, kam mir vor wie in Kanada, dann wieder wie im Schwarzwald, die Begeisterung für die mich umgebende wilde Natur, diese Einsamkeit, diese Wucht von Wäldern, Stauseen und wilden Flüssen ließen Müdigkeit erst gar nicht aufkommen. Als ich dann die letzte Kurve durch den Wald fuhr und die ersten Gebäude von “Entraygues sur Truyere” auftauchten, war ich ganz hibbelig vor Vorfreude. Die Truyere sprudelte durch die Mitte dieses pittoresken Städtchens, Fliegenfischer in Gummihosen standen darin rum wie in einem Gemälde und nach ein paar Kurven war ich dann endlich angekommen. Domaine des Buis, insgesamt 7 Hektar und frisch von einem in Rente gehenden Winzer übernommen. Paulines großes Lächeln, schockverliebt.
Zuerst aber Apéro
Was sofort gute Laune machte: die idyllische Lage von Keller und Wohnhaus gleich bei den Weingärten. Nach einem kleinen Willkommens Apéro konnten wir sofort loslaufen und ein paar der Reben besichtigen. Logisch, diese waren noch gezeichnet von Jahrzehnten konventioneller Landwirtschaft. Aber der Einfluss von Pauline und ihrem grünen Daumen schon klar zu sehen und ich bin mir ganz sicher, dass dies in wenigen Jahren zu einem wahren Paradies für Flora und Fauna werden wird. Denn Pauline verwendet keinerlei systemische Pflanzenschutzmittel, keine Herbizide. Sie verwendet gerne biodynamische Präparate die sie in manchen Lagen sogar manuell, also mit einer Handspritze ausbringt und sie bearbeitet die Böden schonend, ist also mehr zu Fuß als mit Maschinen unterwegs.
All das: harte Knochenarbeit, viel härter als die konventionelle Arbeit mit Traktor und Chemie. Was man den Flaschen aber natürlich nicht ansieht, man muss schon raus und die Weingärten aktiv besichtigen. Mit den Winzern sprechen, etwas Zeit mit Ihnen verbringen. Für mich sind Besuche bei den Winzern wirklich essentiell: ich möchte die Böden anfassen, daran riechen können. Die Artenvielfalt beobachten. Ich möchte das Feuer in den Augen des Winzers brennen sehen, das Feuer für schöne Landwirtschaft, für die Lebendigkeit der Böden und Reben.
Domaine des Buis
Die Aussicht ist in den Weingärten von Paulines “Domaine des Buis” übrigens stets atemberaubend. Man geniesst dieses erhabene Gefühl von Weite und Weitblick, dass nur Bergregionen bieten. Die umgebende Landschaft dabei so grün, so “alpin”, ich konnte mir kaum vorstellen, dass wir hier nur ca. 110 km vom Strand Montpelliers entfernt waren. Eindeutig Südfrankreich, aber dank der Höhe zum Glück immer noch “cold climate” in Sachen Weinstilistik. Die Weissweine aus der hier auch heimischen Sorte “Chenin Blanc” frisch und mineralisch, die Rotweine aus dieser seltenen, mystischen Rebsorte “Fer Servadou” bzw. Cabernet Franc kühl, würzig, gefährlich, trink animierend und selten über 12.5%. Eine wirklich spannende Region, wenn man auf Weine jenseits von diesen vanilligen 14.5%igen Wuchtbrummen steht und lieber ein Glas mehr trinkt, ohne müde zu werden.
Wir freuen uns deswegen sehr, die Weine von Pauline Broqua hier anbieten zu können. Sie zählen zu unseren absolut liebsten Neuentdeckungen der letzten beiden Jahre und wir sind ganz sicher, dass wir von Pauline, dem Aveyron als Weinregion und diesen tollen Weinen noch viel hören werden!
Weitere vergnügliche Infos aus dem Aveyron:
- Käse! Der Aveyron hat nicht blos viel Wald, Flüsse und eine Hand voll Weinberge. Er hat auch viele Kühe. Und ist das Zuhause einer der weltweit bekanntesten Käsesorten überhaupt, dem Roquefort. Weitere Infos zum Käse der Region findet ihr hier.
- Aligot und Truffade. Extrem leckere lokale Gerichte. Der Aligot hat es in den vielen aveyronaiser Bistros Paris sogar zu einiger Berühmtheit gebracht. Beides besteht zu 50% aus Kartoffeln und zu 50% aus Käse. Etwas leichtes, bekömmliches also. Ideal zu ein, zwei Flaschen Wein.
- Laguiole. Die berühmten Messer mit der kleinen Fliege.